Reinhold Messner ist eine Bergsteiger-Legende. Doch nicht nur durch seine unglaubliche Lebensleistung ist er im Laufe der Jahre zu einer Ikone geworden. In den unwirtlichsten Gebieten der Erde auf sich selbst gestellt zu sein, immer wieder zwischen Leben und Tod zu balancieren, das Leben auf diese Weise ganz anders, ganz neu zu begreifen, als jeder gewöhnliche Erdenbürger – das mache etwas mit einem, sagt er. Reinhold Messner hat auf alle Fragen des Lebens eine Antwort. Seine Antwort. Die ist nicht übertragbar und nicht kopierbar. Aber viele Menschen orientieren sich an dem, was er sagt. Weil alles, was er sagt, auf Erfahrung und gelebtem Leben in Extremsituationen basiert. Und weil er in hohem Maße authentisch ist. Immer wieder danach gefragt, was für ihn Glück bedeute, antwortet er schon fast automatisch: »Glück hat viel damit zu tun, dass wir Sinn stiften.« Und : »Erst wenn wir nicht mehr fragen ob wir glücklich sind oder nicht, sind wir eingebunden in das Weltgeschehen.« Und auch Fragen nach Gott, nach dem Tod oder dem Glauben an ein Leben nach dem Tod werden ihm unentwegt gestellt. »Der Mensch ist auf der Suche nach Antworten«, hat er an anderer Stelle einmal gesagt. »Und ich scheine mit meiner Lebenseinstellung manche Frage beantworten zu können.« Messner: »Ich kann mir das Jenseits so gut vorstellen, und ich freue mich auch auf diese Zeit.« Das sind klassische Messner-Sätze, die immer zum Nachdenken anregen, und für manchen nicht selten echte Lebenshilfe bedeuten.
Jetzt tourt der 74-Jährige erneut durchs Land. »Weltberge - Die 4. Dimension« heißt sein Live-Vortrag. Es ist der bildgewaltigste überhaupt. Auf der Grundlage gestochen scharfer Satellitenbilder lässt Reinhold Messner sein Publikum 13 ausgewählte Weltberge quasi hautnah erleben, aus Perspektiven die bisher undenkbar waren. Am 21. Januar 2019, kommt er in die Harmonie Heilbronn. Vorab erzählte er MORITZ-Redakteurin Simone Heiland, was ihn antreibt, woran er sich orientiert und was ihm wichtig ist.
Herr Messner, seit Mitte November sind Sie wieder auf Tournee und bringen den Menschen die Welt der Berge und damit ja immer auch Ihre ganz persönliche Sicht aufs Leben näher. Mit sensationeller satellitengestützter Visualisierungstechnik. In 3-D. Hightech und Natur - wie passt das zusammen?
Satelliten schweben durch den Raum, sie zerstören keine Natur. Aber sie können dabei helfen, Dinge sichtbarer zu machen.
Was war Ihre größte Extravanganz im Leben?
Meine Burg in meiner Heimat Südtirol, in der ich mit meiner Familie lebe.
An wem oder was orientieren Sie sich?
An der Natur.
Sie haben schon mehrfach gesagt, dass das Nichts, in das wir nach dem Tod - vermutlich - alle gehen, für Sie etwas Beruhigendes hat. Ich finde das sehr tröstlich und empfinde ganz ähnlich.
Wir sollten uns keine Gedanken darüber machen, wohin wir gehen. Der Tod bedeutet, sich in Zeit- und Raumlosigkeit zu verlieren. Meines Erachtens gibt es keinen schöneren Zustand.
...zumal ja nichts wirklich für immer verschwindet.
Nein, die Zellen, die übrig bleiben, gehen auch nach dem Tod nicht verloren. Sie werden in die Natur zurück geführt. Das Atom eines Menschen kann so wieder in einer Pflanze oder einem anderen Lebewesen auftauchen.
Sie bedienen Sich bei Ihrem Vortrag der neuesten Digitaltechnik. Ihre Museen in den Dolomiten sind hypermodern, von fast waghalsiger Architektur. Worauf muss man als Planer achten, damit Moderne Tradition weiterträgt und sie nicht zerstört?
Wir haben an sechs verschiedenen Orten jeweils ein Museum gebaut, wobei jedes Haus wie ein Satellit einem Thema gewidmet ist. Standort und Architektur sind jeweils Teil des Themas. Es ging uns also nicht um Selbstverwirklichung. Der Sinn ist, dem Besucher die Beziehung zwischen Mensch, Kultur und Natur innerhalb der sechs Themenwelten nahezubringen.
Ich halte Sie für einen sehr bescheidenen, bodenständigen, realistischen, verinnerlichten Menschen. Gleichzeitig sind Sie aber ein Getriebener – wenn ich das so sagen darf. Rastlos, ruhelos. Was wollen Sie noch entdecken – da draußen und in sich selbst?
Ich wäre gerne geduldiger. Doch ich bin ein Horizontsüchtiger. Ich bin immer noch neugierig, will wissen, was noch möglich ist. Das ist eine immerwährende Sehnsucht. Und Sehnsucht ist ja auch eine Sucht. Nur wenn sich die Sehnsucht einfach auflöst, weil das Einverständnis mit dem begrenzten Leben, dem Nichts am Ende da ist, erst dann ist die Gelassenheit perfekt. Ich versuche täglich, mich dem zu nähern.
Haben Sie so eine Art Lebensbilanz?
Ich bin heute der Meinung, dass es im Alter zu spät ist, auf gelungenes Leben zurückzuschauen.
»Weltberge - Die 4. Dimenison«
21. Januar 2019, 20 Uhr Harmonie, Heilbronn